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Aquaristik und Reisen

 „Haremspaschas“ und „Minidamen“

Lamprologus callipterus aus dem Tanganjikasee

So wenig spektakulär dem Betrachter vielleicht die äußere Erscheinung des Buntbarsches Lamprologus callipterus aus dem Tanganjikasee erscheinen mag, so ungewöhnlich und faszinierend ist sein Verhalten. Eine Reihe von  Schneckencichliden zählt zu den besonders interessanten Aquarienfischen aus diesem ostafrikanischen Grabenbruchsee, aber L. callipterus ist etwas ganz besonderes unter ihnen. Kaum eine andere Cichlidenart zeigt einen derart auffallenden Größenunterschied zwischen Männchen und Weibchen und dass der gegenseitige Raub von Weibchen mitsamt ihren Schneckenhäusern zum Alltag zählt, kann man von keinem anderen Schneckenbuntbarsch sagen.


Der große Unterschied

Der Größenunterschied zwischen den Männchen und den Weibchen von Lamprologus callipterus ist so frappierend, dass die Geschlechter anfangs für unterschiedliche Cichlidenarten gehalten wurden. Es dauerte recht lange, bis deutlich wurde, dass es sich bei ihnen um Fische derselben Art handelte, denn die extreme Diskrepanz zwischen den 15 cm Länge, die das Männchen erreichen kann und den 4 bis 5 cm Länge bei den Weibchen wurde anfangs gar nicht für möglich gehalten. So wurden zu Anfang unter der Bezeichnung Lamprologus "tembo” ausschließlich Männchen importiert. Entsprechend wurde auch erst später die Zucht dieser interessanten Buntbarsche möglich.

Auch in der Färbung sind bei ausgewachsenen Exemplaren Unterschiede erkennbar. Während die kleinen Weibchen grau-silbrig mit scheckig-dunklen Flecken, also wenig farbenprächtig sind, zeigen adulte Männchen auf Flossen, Körper und dem deutlich massigeren Kopf viel Gelb und einen bläulichen Schimmer. Nur jüngere und unterdrückte Männchen ähneln in ihrer Färbung den Weibchen.

Die meisten Schneckenbuntbarsche aus dem Tanganjikasee werden nur bis 5 oder 6 cm lang. Sie leben in leeren Schneckenhäusern oder in deren unmittelbarer Nähe. Diese Gehäuse stammen im Tanganjikasee meist von Schnecken der Art Neothauma tanganyicense, im Aquarium nehmen alle Arten aber auch gerne leere Häuser der Weinbergschnecke an, die natürlich leichter zu beschaffen sind. Die Bindung der Schneckenbuntbarsche an die Schneckenhäuser ist von Art zu Art unterschiedlich stark, und manche sind ohne weiteres bereit, andere enge Spalten oder Öffnungen als Bruthöhle zu akzeptieren.

Ein “halber” Schneckenbuntbarsch

Bei den meisten Schneckenbuntbarschen sind die Männchen deutlich größer als die Weibchen. Dieser Unterschied ist aber, außer bei L. callipterus, nicht so groß, dass nicht beide Geschlechter, jeder für sich, in ein Schneckenhaus passen würden. Bei mindestens einer Art, Neolamprologus brevis können sogar beide, Männchen und Weibchen, zusammen in einem Schneckenhaus unterkommen. Bei L. callipterus allerdings ist dies den Männchen absolut unmöglich, so dass korrekterweise eigentlich nur die Weibchen als Schneckencichliden zu bezeichnen wären.

                                                                                                              „Raubritter” des Tanganjikasees

Halbwüchsige Männchen von L. callipterus schließen sich in ihrem natürlichen Lebensraum häufig zu großen “Banden” zusammen, die gemeinsam die Umgebung durchstreifen. Auf der Suche nach Garnelen, ihrer bevorzugten Nahrung bietet ihnen die große Gruppe von manchmal über 100 Fischen Schutz gegen Räuber, aber gleichzeitig auch größere Aussicht auf Erfolg bei der Nahrungssuche. In normalen Aquarien stellt dieses Verhalten aber kein Problem dar, da dort solche große Zahlen an Tieren natürlich nicht zusammen gehalten werden können.


                                                                                              „Haremspaschas”

Wenn sie geschlechtsreif werden, versuchen die Männchen möglichst ein Revier mit zahlreichen Schneckenhäusern zu erobern, oder solche Gehäuse an einer geeigneten Stelle zusammenzutragen. Sie versuchen auf diese Weise einen „Harem” mit möglichst vielen Weibchen zu gründen. Über einem solchen “Schneckenfriedhof” steht dann also das kapitale Männchen und bewacht sein Großrevier, das sich aus den zahlreichen Kleinrevieren der Weibchen in der unmittelbaren Umgebung ihrer Schneckenhäuser zusammensetzt. Männchen mit benachbarten Revieren werden dann immer wieder versuchen, sich gegenseitig, Schneckenhäuser zu stehlen, wenn möglich, gleich mit dem darin befindlichen Weibchen. 

Bilder dazu finden sich hier

Natürlich wäre es nur in sehr großen Aquarien möglich, diese ursprüngliche Konstellation zu verwirklichen. Glücklicherweise ist das Verhalten von Lamprologus callipterus so zurückhaltend, dass es im Aquarium ohne weiteres auch möglich ist, nur ein einzelnes Pärchen zu halten. Auch dann ist eine erfolgreiche Pflege und Zucht ohne weiteres möglich. Es ist aber anzustreben, ein Männchen mit einem „Mini-Harem" von 3 oder 4 Weibchen zusammen zu pflegen.


                                                                                                 Gute Gesellschaft

Als Mitbewohner in einem Aquarium mit verschiedenen Cichliden aus dem Tanganjikasee ist auch Lamprologus callipterus eine gute Wahl. Gleich, ob man ein Männchen mit mehreren Weibchen oder nur ein Pärchen mit vergesellschaftet, sie zählen zu den eher zurückhaltenden und wenig aggressiven Arten, sowohl untereinander als auch gegenüber anderen Cichliden. Die Mitbewohner sollten allerdings groß genug sein, um dem Männchen nicht als Futter zu dienen. Mittelgroße Arten dagegen, wie etwa Neolamprologus elongatus, der sogar gewisse Ähnlichkeiten mit L. callipterus in Körperform und -färbung hat, sind hervorragend geeignet.

Unproblematische Zucht

Wenn die Bedingungen im Aquarium günstig sind, werden sich diese faszinierenden Schneckencichliden schon bald nach dem Erreichen der Geschlechtsreife fortpflanzen. Die Balz der so ungleichen Partner läuft zwar äußerst temperamentvoll, aber nie ruppig oder grob ab. Auch wenn der nichtsahnende Beobachter gelegentlich fürchten könnte, dass das größere Tier das kleinere fressen könnte, so kann davon keine Rede sein. Das Männchen umschwimmt seine winzige Partnerin bei der Werbung zwar blitzschnell und stupst sie mit dem Maul in die Seite, insgesamt aber macht diese Balz einen fast “zärtlichen” Eindruck.

Während das Weibchen dann die Eier im Schneckengehäuse ablegt, hat das Männchen natürlich keine Chance dort hinein zu kommen, um sie zu besamen. Es setzt sich stattdessen auf oder vor die Öffnung des Gehäuses und gibt dort seinen Samen ab. Dieser wird dann vom Männchen in das Schneckenhaus gefächelt. Er wird aber auch durch den Sog, der entsteht, wenn das Weibchen immer wieder ein- und ausschwimmt, in das Gehäuse gezogen, wo dann die Befruchtung stattfindet. Nach  dem Freischwimmen bleiben die Jungfische in der Umgebung des Schneckenhauses. Wenn sie 2 bis 3 cm Länge erreicht haben verlassen sie diese Umgebung und ziehen umher. Im Aquarium geschieht dies auch schon etwas eher, die Jungfische werden dort eventuell von den großen Tieren verjagt, und sollten dann umquartiert werden.