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Aquaristik und Reisen

Körperformen der Fische

Biologische Grundlagen und aquaristische Konsequenzen

Die rund 35 000 Arten von Fischen sind unter den Wirbeltieren, die unsere Erde bewohnen, nicht nur für Aquarianer eine ganz besondere Gruppe. Einmal, weil es die Klassen von Fischen, wie sie auch heute noch existieren, schon vor etwa 400 Millionen Jahren gab und sie gewissermaßen die "Vorfahren" aller lebenden Wirbeltiere verkörpern.
Darüber hinaus unterscheiden Fische sich auch in Lebensweise und Körperbau grundlegend von den in der Luft und auf dem Land lebenden Wirbeltieren. Bis auf wenige Ausnahmen leben sie ständig im Wasser und atmen durch Kiemen. An ihrem nicht in einzelne Bereiche gegliederten Körper befinden sich als Gliedmaße Flossen, die neben der Fortbewegung oft vielen anderen Zwecken dienen. Ihre Körpertemperatur ist von der Temperatur ihrer Umgebung abhängig.

Die Vielfalt der Erscheinungsformen der Fische
Neben solchen grundlegenden Unterschieden zu anderen Wirbeltieren sind die Fische als Gruppe aber auch deswegen besonders interessant, weil sich in der großen Zahl ihrer verschiedenen Erscheinungsformen die wunderbare Vielfalt der gesamten Natur widerspiegelt. Die äußeren Unterschiede in Größe, Form und Farbe, aber auch die Verschiedenheiten in Lebensweise und Verhalten, die wir zwischen Fischarten finden, sind mindestens ebenso beeindruckend wie die entsprechenden Unterschiede bei Säugetieren oder Vögeln, Reptilien oder Amphibien.

Selbst wenn wir uns auf Süßwasserfische beschränken, die für die Pflege im Aquarium geeignet sind, wie wir es hier weitgehend tun wollen, sind die Unterschiede noch verblüffend. Der Größenunterschied zwischen Zwerggrundeln der Art Pandaka pygmaea (Weibchen knapp 1 cm) und einem Buntbarsch wie Boulengerochromis microlepis (etwa 70 cm) aus dem Tanganjikasee ist ein Beispiel für die Welten, die zwischen Aquarienfischarten liegen können. Die bleistiftartige Körperform eines Nannostomus-Ziersalmlers im Vergleich zur fast kreisrunden Form eines Scheibensalmlers oder auch eines Diskusfisches ist ein weiteres.

Körperformen
Ein gutes Beispiel für die Vielfalt der Erscheinungen bei Fischen sind die verschiedenartigen Körperformen, die unsere Aquarienfische zeigen. Obwohl die ungewöhnlichsten Erscheinungen unter den Fischen sicherlich bei den Meeresfischen zu finden sind, ist die Formenvielfalt auch bei den Zierfischen aus dem Süßwasser schon erstaunlich. Die Silhouette des Fischkörpers sagt uns bereits sehr viel über den Lebensraum, den er bewohnt und über die Lebensweise eines Fisches aus.


Oberflächenfische
Oberflächenfische haben fast immer eine gerade verlaufende Rückenlinie und oft eine stärker ausgewölbte Bauchlinie. Die Maulspalte ist nach vorn, meist aber nach oben gerichtet, also oberständig, da diese Fische ihre Nahrung fast immer von der Wasseroberfläche aufnehmen. Aquarienfische die diesen Typus verkörpern finden wir unter den Killifischen recht häufig, ebenso aber auch unter den Salmlern, z.B bei den Beilbauchfischen. Weitere Arten, die diese Eigenschaften besonders ausgeprägt zeigen, sind die Schützenfische der Gattung Toxotes, die Knochenzüngler, (Osteoglossum) und die Vieraugenfische (Anableps).


Bodenfische
Die typische Form eines Bodenfisches wirkt fast wie ein Spiegelbild der Form der Oberflächenfische. Bei ihnen ist fast immer die Bauchlinie abgeflacht und damit dem Bodengrund angepasst. Ihr Rücken kann mehr oder weniger hochgewölbt sein und ihr Maul ist so gut wie immer zum Boden hin gerichtet, also unterständig. Bei vielen Vertretern dieses Typus unter den Welsen befindet sich das Maul, mit dem sie Nahrung vom Untergrund aufnehmen, sogar ganz auf der Unterseite des abgeflachten Körpers. Während viele Welsarten, z. B. Panzerwelse (Corydoras, Brochis, usw.) und Harnischwelse (Ancistrus, Hypostomus, u. ä.) ebenso wie Schmerlen (Gattung  Botia)und Schmerlenähnliche (z.B. Flossensauger der Gattung Gastromyzon) auch Bodenbewohner sind oder bodennah leben, finden sich bei den Salmlern nur wenige ausgesprochene Bodenfische (z.B. Characidium-Arten).


Die meisten Buntbarsche und viele karpfenähnliche Fische leben mehr oder weniger stark bodenorientiert. Ausgesprochene "Plattfische" wie die Süßwasserflunder (Achirus sp.) und die Süßwasserstechrochen (z.B. Potamotrygon hystrix ) sind aber unter den Aquarienfischen Ausnahmeerscheinungen.



Fische des mittleren Wasserbereichs

Fische mit länglich-ovaler Körpersilhouette und seitlich abgeflachtem Körper sind meist Bewohner des mittleren Wasserbereichs. Dieser Typus wird von vielen aquaristisch beliebten Schwarmfischen aus den Familien der Barben, der Salmler und der Regenbogenfische verkörpert. Sie sind meist schnelle, wendige Schwimmer mit einem endständigen Maul. Ihr Körper hat am ehesten "Stromlinienform" und leistet dem Wasser beim Schwimmvorgang am wenigsten Widerstand.

Außergewöhnliche Erscheinungen
Neben diesen drei Grundtypen der Körperform finden wir auch eine Reihe von außergewöhnlichen Erscheinungen. Kugelfische und auch manche Grundeln haben eine fast kugelartige Körperform, Stachelaale (Mastacembelus-Arten) und Flösselaale (Erpethoichthys calabaricus) haben eine nahezu aal- oder schlangenförmige Gestalt. 
Eine Reihe von Fischen aus unterschiedlichen Familien haben die spezialisierte Körperform eines "Stoßräubers” mit großer, end ständiger Maulspalte, lang gestrecktem Körper, weit hinten angeordneter Rücken- und Afterflosse und kräftiger Schwanzflosse und Schwanzstiel, wie wir sie vom einheimischen Hecht (Esox lucius) kennen.
Die zu den beliebtesten Aquarienfischarten zählenden Skalare (Pterophyllum-arten) haben eine sehr ungewöhnliche, extrem hochrückige Körperform, so dass ihre Höhe deutlich größer ist als ihre Länge.

Der Körperquerschnitt
Neben diesen Unterschieden in der Körperstreckung gibt auch der Körperquerschnitt manchen Fischen ihr charakteristisches Aussehen. Ein kreisrunder Querschnitt ist nicht allzu häufig und kommt vor allem bei lang gestreckten Fischen vor. Ein auf der Spitze stehendes Oval, mal eher länglich, mal eher gestaucht, ist die häufigste Form, die sich beim Querschnitt durch den Körper eines Fisches ergeben würde. Typisch ist diese Form des Körperquerschnitts besonders für Buntbarsche. Ein flachliegendes Oval findet sich eher selten. Der Körperquerschnitt bei einigen Grundeln und Welsen, also Bodenfischen, nähert sich dieser Form an. Häufiger findet sich eine stark zusammengedrückte Form, entweder seitlich extrem zusammengedrückt wie bei Skalaren Pterophyllum, bei Messerfischen, aber auch bei vielen kleinen Salmlern, oder aber horizontal wie bei den erwähnten "Plattfischen".

Die hier gegebenen Beispiele verkörpern natürlich immer besonders starke Ausprägungen oder Extreme einer bestimmten Körperform. Körperstreckung, Körperquerschnitt und Körpersilhouette zusammen ergeben die gesamte Form einer bestimmten Fischart. Daraus, dass in jedem dieser Bereiche viele Zwischenstufen und -formen auftreten können, resultiert eine fast unglaubliche Fülle an möglichen Körperformen, die Fische haben können.

Aquaristische Konsequenzen

Aquarianer sollten bei der Einrichtung und Besetzung ihres Aquariums die Körperform der Fische, die sie pflegen wollen, berücksichtigen.

- Bei der Besetzung eines Aquariums kann man die Oberflächen- und Bodenfische, sowie die Arten des mittleren Bereichs so wählen, dass sie sich auf die verschiedenen "Stockwerke" des Aquariums aufteilen.
- Oberflächenfische wie auch Bodenfische benötigen Aquarien mit großer Flächenausdehnung, die Höhe ist dagegen zweitrangig.
- Bodenfische benötigen wegen ihres häufigen, direkten Kontaktes zum Boden einen feinen, nicht scharfkörnigen Untergrund, an dem sie sich nicht verletzen können.
- Oberflächenfische brauchen gut abgedeckte Aquarien, da sie fast immer zum Springen neigen.
- Plattfische" benötigen große Freiflächen im Aquarium.
- Bewohner des mittleren Wasserbereichs benötigen viel freien Schwimmraum.
- Fische mit einer seitlich stark zusammengedrückten Form (z.B. Skalare und Diskusfische) benötigen hohe Aquarien und Einrichtungen und Bepflanzung mit aufstrebenden Strukturen. Sie leben gern "in Anlehnung" an solche senkrechten Strukturen.

Hier sollte versucht werden, in aller Kürze und doch möglichst vollständig eine Übersicht über die Körperformen solcher Fische zu geben, die wir als Aquarienfische pflegen. Aquarianer interessieren sich in den letzten Jahren immer mehr nicht nur für das Aussehen ihrer Pfleglinge und die praktischen Fragen der Aquarienhaltung, sondern wollen darüber hinaus Wissen über Erscheinungen, Zusammenhänge und Vorgänge in der Natur erwerben oder erweitern. Solches Grundlagenwissen kann die aquaristischePraxis bereichern und verbessern. Grundlegende Kenntnisse über die Biologie der Fische sind immer auch Einsichten in die Lebensvorgänge der Natur, auf die wir Menschen so sehr angewiesen sind, und die wir durch unser Handeln an anderer Stelle oft so leichtfertig gefährden.